Ausgewähltes Projekt
am Tag der Architektur 2009
in Sachsen

1. Preis PPP-Verfahren
Neubau Justizzentrum, Ergänzungs- und Erweiterungsbau des denkmalgeschützten Bauensembles
LPH 1-5 mit Freianlagen
HNF 17.253 qm
BRI 91.816 cbm
29,70 Mio. Euro Gesamtkosten
2006-2008

Fotos: Stefan Hanke

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Justizzentrum Chemnitz

Neubau des Justizzentrums auf dem „Kaßberg“ in Chemnitz

Der Standort, auf dem das neue Justizzentrum errichtet wurde, ist traditionell ein Standort der Gerichtsbarkeit in Chemnitz.
Hier befand sich der Haupttrakt des 1875 - 1879 nach Plänen des Kgl. Bezirksbaumeisters Hugo Nauck und Landesbaumeister Julius Edmund Temper errichteten Justizgebäudes für das Land- und Amstsgericht Chemnitz.
Dieses erfuhr 1927 eine Erweiterung an der Hohen Straße, den Gebäudeteil, der heute noch existiert und vom Landgericht Chemnitz genutzt wird. Das Hauptgebäude des ehemaligen Landgerichts fiel den Bombenangriffen im März 1945 zum Opfer. Später befand sich hier lediglich noch eine Garagennutzung für den Fuhrpark des Ministeriums der Staatssicherheit. Das Baugrundstück befindet sich im südlichen Teil des vorderen Kaßbergs.

Das Gebäude ist eine Blockrandbebauung, welche die Straßenfluchten der Gerichtsstraße und der Kaßbergstraße wieder stark definiert. Der Neubau und der Altbau bilden einen homogenen Gebäudekomplex. Der Neubau schließt in den oberen Geschossen der Gerichtsstraße an den Altbau an. Er passt sich an die Traufhöhe des Bestandes an und übernimmt die horizontale Gliederung und die Farbigkeit des Altbaus. Dieser kompakte Baukörper ist die Fortsetzung der bestehenden Struktur von Landgericht und Justizvollzugsanstalt. Die Eingangssituation des neuen Ensembles ist, wie ursprünglich vorhanden, von der Gerichtsstraße aus als Verbindung zwischen Neu- und Altbau geplant. Der Baukörper ist durch die Trennung zwischen internen und öffentlichen Funktionen klar gegliedert. Im Eingangsbereich an der Gerichtsstraße wird in Anlehnung an den historischen Bestand ein Sockel ausgebildet. Dieser Sockel trägt zum einen den Hauptriegel, in dem sich über drei Geschosse die öffentlichen Funktionen und die Gerichtssäle befinden. Ferner bildet er die Basis für den Baukörper, der die gesamten internen Büroräume aufnimmt. Diese Bürobereiche beinhalten die beiden Ämter (Amtsgericht und Staatsanwaltschaft und bilden zwei introvertierte und ruhige Innenhöfe aus.

In der Nahtstelle der beiden Baukörper wird als Haupterschließung und repräsentatives Foyer die „Magistrale“ als „Erschließungsstraße“ ausformuliert.
Das Gebäude strukturiert und trennt klar die unterschiedlichen Funktionen des Justizzentrums. Im Eingangsbereich befinden sich die Pforte und die Infotheke, die als Knotenpunkt der gesamten Erschließungsstruktur fungieren. Von dieser Eingangshalle aus gelangen die Besucher in die Bürobereiche des Amtsgerichts und der Staatsanwaltschaft oder in die öffentlichen Sitzungssäle. Der große Sitzungssaal befindet sich direkt auf Eingangsniveau und kann somit sehr gut von den Besuchern erreicht werden. Ebenso befindet sich der Haftbereich, der dem großen Sitzungssaal zugeordnet wird, im Erdgeschoss, um einen direkten, gesicherten Zugang zur Zufahrtsschleuse mit einem gesonderten Zugang zu gewährleisten. Sämtliche Haftzellen sind zweckmäßig zum introvertierten Innenhof hin ausgerichtete, um Störungen auszuschließen.
Die Anlieferung für die Kantine, das Altpapier und den Müll erfolgt dem natürlichen Geländeverlauf folgend im Südwesten der Anlage über einen eigenen Bereich ebenfalls ebenerdig.

Um die Wirtschaftlichkeit zu steigern, wurde die Lage sämtlicher nicht zu belichtender Funktionen so gewählt, dass das natürliche Gelände vollkommen ausgenutzt wird. So wurden im Ergeschoss ein Teil der Tiefgarage und die Archive gelant. Die Archive mit der geforderten Raumhöhe von 3,00 m befinden sich im Bereich unter den Sitzungssälen, in dem die lichten Raumhöhen anders definiert wurden, als bei den eher zweckmäßig geplaten Bürotrakten.
Die Eingänge in die Bürobereiche des Amtsgerichts und der Staatsanwaltschaft sind eindeutig zugeordnet und übersichtlich einander gegenüber angeordnet. Über die jeweiligen Treppenhäuser, denen auch Aufzüge zugeordnet sind, erreicht der Nutzer schnell sein gewünschtes Ziel.
Mittels einer großzügigen Treppe gelangt man von der Eingangshalle in die Magistrale, die sich im 1. Obergeschoss befindet. Sie übernimmt die Funktion einer weitläufigen Aufenthalts-, Verweil- und Erschließungszone. Durch ihre Höhe von 12,00m und einer Breite von 5,40 m vermittelt die Magistrale den Eindruck, Teil eines Straßenzuges der Stadt zu sein, spielt mit dem Innen und Außen und gibt den Blick in die zwei unterschiedlich gestalteten Innenhöfe über eine Glasfassade frei.
In diesem lichtdurchfluteten und luftigen Raum verteilt sich ungezwungen der Besucherstrom. Er bildet somit das Zentrum des Objekts und bedient die Sitzungssäle, die sich in zwei Geschossen übersichtlich aufzeigen. Man gelangt von dem Plateau der Magistrale, auf der sich die ersten Gerichtssäle und die mögliche Cafeteria befinden, über leichte offene Treppen auf eine Galerie, die ein weiteres Geschoss mit Sälen erschließt. Von jeder dieser Ebenen aus ist es möglich, in die entsprechenden Bürotrakte zu gelangen.
Die Magistrale stellt ebenfalls die Verbindungsplattform zum Landgericht im 1. und 2. Obergeschoss des Altbaus dar. In diesem Bindeglied zwischen Alt- und Neubau wird, wie gewünscht, der Fortbildungsbereich (Bibliothek und Unterricht) als Verbindungsstelle geplant.

Mit dem Justizzentrum Chemnitz wird das erste Projekt auf Landesebene in Sachsen, das im Rahmen einer Public Private Partnership, durchgeführt wird, realisiert.
Durch das PPP-Modell spart der Freistaat Sachsen als Bauherr mehr als 14 Prozent der Gesamtkosten im Vergleich zu einer Realisierung in Eigenregie.
Das Land Sachsen, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, erhält eine integrierte Gesamtlösung aus einer Hand.
Das neue Justizzentrum entstand auf dem Kaßberg in direkter Nachbarschaft zum Landgericht und der Justizvollzugsanstalt Chemnitz mit ingesamt 475 Beschäftigen. So werden wichtige Justizeinrichtungen an einem Standort konzentriert und die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet. Erstellung und Betrieb einer Tiefgarage mit 220 Stellplätze sind Teil des Gesamtprojektes. Das Gebäude wurde Ende 2008 fertiggestellt.