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Buch Goethe



75 Jahre DÖMGES ARCHITEKTEN und eine zukunftsfähige Struktur

      75 Jahre Dömges Architekten sind ein guter Grund, zurückzuschauen und die herausragenden Projekte vergangener und jüngerer Zeiten wieder zu betrachten. Und natürlich hoffen wir, dass aus diesen 75 Jahren das eine oder andere Stück Architektur dabei ist, das bleiben wird.

 

      Aber das allein ist es nicht, was uns bewegt. Wir wollen zeigen, wie es gelingen kann, ein Architekturbüro, das als ein klassisches personenbezogenes Büro geprägt war von seinem Gründer, in eine Struktur zu überführen, die zukunftsfähig ist – im Sinne einer Bürogemeinschaft, in der eine solidarische Haltung und Methode Bestand hat, jenseits der jeweiligen Architektengeneration an der Spitze. Wir wollen der historischen Entwicklung nachspüren und einen Blick in die Zukunft wagen.



      Die Gründung des Büros 1946 unter Max Dömges folgte dem Zwang, neu anzufangen. Die Regensburger Messerschmittwerke, sein damaliger Arbeitgeber, waren zerstört und durften kriegsbedingt ihre Flugzeuge nicht weiterproduzieren. Dömges blieb dem Industriebau anfangs treu, die Nachkriegsbauten der Milchwerke Regensburg entstanden, ebenso die Werkhallen der Baufirma Riepl und andere Gebäude in Regensburg. Auch die ersten Wohnhochhäuser der Nachkriegsmoderne kamen aus unserem Büro. Zu dieser Zeit war Dömges ein lokal tätiges Büro, das sich in der Konkurrenz der Regensburger Architekten seinen Platz erobern musste.



3x Wettbewerbserfolg und damit ins Rampenlicht über die Landesgrenzen Bayerns hinaus

      Max Dömges‘ Sohn Siegfried katapultierte dann in den 1960er Jahren das bis dahin regional beschauliche Büro mit dem 1. Preis des Wettbewerbs zum Masterplan der Universität Regensburg ins nationale Rampenlicht. Er hatte sich gegen die Münchner und internationale Konkurrenz durchgesetzt und Gefallen an größeren Aufgaben gefunden. Seitdem hat sich der Horizont des Büros geweitet und haben die Aufgabenstellungen sind vielschichtiger.

 

      Wettbewerbe wurden zur Bühne, um sich mit Kollegen zu messen und Ansehen zu gewinnen. Dadurch errangen wir immer mehr interessante Aufträge. Siegfried Dömges war dabei in der Stadt mit ihren potenziellen Auftraggebern nicht so gut vernetzt wie manch andere Kollegen. Also blieb nur der Weg über die Wettbewerbe. Der Wettstreit als intellektuelle und gestalterische Herausforderung war sein Metier. Mit zahllosen Teilnahmen und respektablen Ergebnissen machte sich das Büro einen Namen. So waren es schließlich drei Wettbewerbserfolge, die Anfang der 1990er Jahre ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Büros aufschlugen: Die ersten Preise für die Fakultät für angewandte Naturwissenschaften in Bayreuth sowie die Fakultät für Maschinenbau an der FH Amberg wiesen den Weg zurück in den Hochschulbau, und der erste Preis für die JVA Gräfentonna in Thüringen markierte den Anfang für eine beachtenswerte Reihe von Justizbauten.


Buch Salzstadl
Sanierung Salzstadel Regensburg; Foto: Sebastian Göltl



Rationalität, Sinnlichkeit und Digitalisierung

      Das Büro wuchs und die Digitalisierung in Form von CAD und EDV hielt Einzug. Wie ändern sich die Arbeitsweisen, wenn die Pläne nur noch digital erstellt werden, wenn die Sinnlichkeit des Zeichnens dem rationalen Konstruieren weicht? Welche Auswirkungen hat dies auf die Architektur und wo wird die Handschrift der Architektinnen und Architekten noch spürbar?

 

      Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigte sich das Büro und kam zu der bis heute gültigen Kombination: Rationalität im Grundriss und in der Konstruktion, Sinnlichkeit in der Materialität und im Detail. Damit die Rationalität nicht zur Routine wurde, baute Dömges gerne einen „Webfehler“ in seine Entwürfe ein, eine kleine Störung, die das rein Konstruktive menschlicher erscheinen ließ.



Verstärkung im Team für überregionale Architekturprojekte, Städtebau und Verbandsarbeit – vom Ich zum Wir

      Siegfried Dömges holte Anfang der 90er Jahre mit den großen Wettbewerbserfolgen im Rücken die erfolgreichen Projektarchitekten Robert Fischer und Joachim Wienbreyer als Partner ins Büro – das hieß nun Dömges+Partner. Siegfried Dömges blieb der Primus inter pares, er behielt das letzte Wort im Entwurf und Wettbewerb. Trotzdem fand jeder seine eigenständige Rolle, Joachim Wienbreyer betreute den Städtebau und die großen öffentlichen Auftraggeber, Robert Fischer engagierte sich in den Berufsverbänden und bei den Sanierungsprojekten. Dömges suchte die Herausforderung in zahlreichen Wettbewerben und im Präsidium der Architektenkammer.

 

      Zu dieser Zeit hatte das Büro um die 25 bis 30 Mitarbeiter, es zählte damit zu den größeren Architekturbüros der Region, vorsichtig bildeten sich erste flachere Hierarchien heraus und es wurde über die Funktion und die Verantwortung von Projektleitern diskutiert.



      Viele Mitarbeiter empfanden eine fast schon familiäre Bindung zum Büro, trotz regelmäßiger Wochenendarbeit und oft langen Abenden. Vielleicht auch gerade deshalb. Die Arbeit an der Architektur wurde von den meisten als ein gemeinsames Projekt empfunden. Dieses Gemeinschaftliche war nur noch nicht in der Bürostruktur verankert.

 

      In seinen späteren Jahren versammelte Siegfried Dömges immer öfter die „jungen Wilden“ um sich, um mit ihnen einen Wettbewerb oder Entwurf zu diskutieren; die Ideen breiter und vielfältiger sich entwickeln zu lassen. Gern kooperierte er auch mit Büros jüngerer Kollegen, zum einen, um sie zu fördern, aber auch, um selbst jung im Kopf zu bleiben. Dieser Geist des sich Öffnens, der Kooperation und des Miteinanders, war für unser Büro wohl der Anstoß für die Überwindung des Ichs hin zum Wir.



      Nach dem Tod von Siegfried Dömges und einer schwierigen Phase des Übergangs verfolgen heute Thomas Eckert und Eric Frisch die Weiterentwicklung dieses Wirs. Die Verteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern, eine breitere Führungsebene und das Fördern und Einbinden von jungen MitarbeiterInnen stärkt das Gemeinschaftsgefühl und prägt die offene Bürokultur. Das Bild der Familie lebt fort, selbst mit inzwischen 85 Mitarbeitern, auch wenn es immer mal wieder zu innerfamiliären Zwistigkeiten kommt. Das gehört dazu.

 

      Das Bewusstsein, dass keiner allein das Büro in seiner Komplexität führen und weiterbringen kann,

 

      schweißt zusammen, relativiert die eigenen Ansprüche und stärkt das Wir.



      Was sind die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem gelebten „weniger Ich“ und „mehr Wir“?



Familiär und gemeinsam Arbeiten - miteinander Neues für einen besseren Ort schaffen

      Es ist vielleicht der gemeinsame Ansatz, wie Architektur entstehen kann – weniger vom Formalen kommend, mehr bewegt von den Inhalten, dem Städtebau und von den Bedürfnissen der Menschen, für die wir bauen. Wir bewegen uns immer mehr im bebauten Zusammenhang. Ein Projekt vom Städtebau her zu entwickeln, ist die Verantwortung, die wir gegenüber einem Ort, der Stadt und der Umwelt übernehmen. Am Ende muss das Neue den Ort besser machen und der Öffentlichkeit etwas zurückgeben, Freiraum und Lebensqualität schaffen. Dieser Entwurfsansatz ist bei fast allen Projekten zu spüren. Oft entsteht dabei ein belebender Platz, ein öffentlicher Grünzug oder ein überraschender neuer Raum im Sinne einer Stadtreparatur. Und immer geht es darum, sich mit dem Gebäude im Auftritt zurückzunehmen, das richtige (menschliche) Maß zu finden, eher bescheiden aufzutreten als die große Geste zu wagen. Die Arbeiten am Detail, an der Lichtführung, an den Oberflächen und an der Materialität sind es, die einem Gebäude Atmosphäre und Charakter verleihen. Mit diesen Grundsätzen im Kopf versuchen wir, Architektur zu machen. Die Form leitet sich daraus ab – sie entsteht beim Entwickeln der Lösung situativ. Oft ist es so. Es gibt nicht diesen einen Künstler-Architekten, der die Sprache des Büros unverkennbar prägt. Das war Dömges noch nie und wollte es auch nie sein.

 

      Mehr „Wir“ heißt vielmehr, eine Architektur zu schaffen, die vieles zulässt: Loslassen können bei der Entwicklung von Projekten, Vertrauen haben in die Fähigkeiten der MitarbeiterInnen, auch manches anerkennen, was man selbst vielleicht anders machen würde, und oft kommt überraschend Positives dabei heraus.


Buch Goethe 02
Goethe-Gymnasium Regensburg; Foto: Erich Spahn



      Das „Wir“ heißt aber auch, auszutesten, ob MitarbeiterInnen die Gestaltungsfreiheit und Mitwirkung einfordern, auch standhaft sind, wenn der Wind rauer weht und die Wellen höherschlagen. Wenn sie standhalten, ist das „Wir“ insgesamt stabiler und selbstverständlicher geworden.



      Die Qualität des kommunikativen Führens ist mehr denn je gefragt – das Zuhören, Abwägen und Bewerten von Einwänden und Vorschlägen, sei es in der Diskussion mit den Bauherren und Nutzern oder bei Bürgerbeteiligungen. Die Vertrautheit mit diskursiven Prozessen innerhalb des Büros hilft, Beteiligungsprozesse besser zu steuern und zum Erfolg zu führen.



      Wir sind der Meinung, dass sich Architektur- und Städtebauprojekte zukünftig eher komplexer und vielschichtiger gestalten werden und deswegen immer mehr unterschiedliche Disziplinen beteiligt sind. Das „Wir“ in der Architektenschaft wird immer wichtiger.



Architektur wird zum Gemeinschaftswerk!

      Eine gute Idee nicht nur zu haben, sondern auch gut vermitteln zu können, sie konsensfähig zu machen und möglichst vielen das Gefühl zu geben, an der Entwicklung der Idee beteiligt gewesen zu sein, um sie dann weiterzutragen, ist inzwischen eine der wichtigsten Fähigkeiten in unserem Beruf.

 

      Deswegen sehen wir uns auch immer mehr als Katalysator für Ideen, Vorstellungen und Inspirationen, die in unserem Büro Gestalt annehmen können und vom Ich zum Wir finden.



Buch NAWAREUM

      „NAWAREUM“ Straubing; Foto: Erich Spahn



Buch Mitarbeiter

 


Buch DÖMGES Architekten „VOM ICH ZUM WIR“


      • Herausgeber: DÖMGES Architekten
      • Koch-Schmidt-Wilhelm GbR, 10/2023
      • Einband: Gebunden
      • Sprache: Deutsch
        • ISBN-13: 9783948137762

• Umfang: 340 Seiten



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